Nachdem ich einige Halbmarathons erfolgreich absolviert hatte, die immer noch einiges an Vorbereitung und Training erforderten, brachte mich Natascha, die Tochter meiner Frau, auf die Idee, einmal eine längere Distanz zu laufen.
Sie war überzeugt, dass ich die Herausforderung meistern würde, und da sie selbst eine passionierte Läuferin ist, ließ ich mich auf das Abenteuer ein. Der Syltlauf stand dabei im Fokus – ein ganz besonderer Lauf, den ich bis dahin nur als Zuschauer erlebt hatte.
Meine Frau und ich waren schon einmal bei diesem Event dabei, um Natascha und andere Läufer anzufeuern. Damals waren wir schwer beeindruckt von der atemberaubenden Strecke, die quer über die Insel führt. Die besondere Atmosphäre, die Mischung aus Strand, Dünen und Küstenabschnitten, und die vielen begeisterten Zuschauer hinterließen einen bleibenden Eindruck. Doch diesmal sollte ich selbst die 33,333 Kilometer in Angriff nehmen.
Der Syltlauf ist etwas ganz Besonderes, denn er führt über die gesamte Länge der Insel, von Süden nach Norden. Gestartet wird in Hörnum, einem kleinen Ort an der südlichsten Spitze der Insel. Von dort aus geht es durch wunderschöne Landschaften, vorbei an Dünen, kleinen Dörfern und entlang der Nordseeküste bis nach List, der nördlichsten Stadt Deutschlands. Die Strecke ist mit ihren 33,333 Kilometern länger als ein Halbmarathon, aber kürzer als ein kompletter Marathon – für mich war es also eine perfekte Herausforderung, um meine Grenzen zu testen.
Die Zeitvorgabe von vier Stunden war eine zusätzliche Motivation, denn Läuferinnen und Läufer, die länger brauchen, werden nicht mehr offiziell gewertet. Das gab dem Lauf eine gewisse Dringlichkeit, und ich wollte unbedingt sicherstellen, dass ich unter dieser Zeit ins Ziel komme.
Mitte März, wenn der Syltlauf stattfindet, ist das Wetter auf der Insel meist noch recht kühl und unberechenbar. Wir waren auf alles vorbereitet – Regen, Wind und sogar kältere Temperaturen.
Schon nach den ersten Kilometern, als ich Hörnum hinter mir ließ, wurde mir klar, dass dieser Lauf etwas ganz Besonderes werden würde. Die Strecke führte uns durch kleine Orte an der Westseite der Insel und entlang wunderschöner Laufwege in den Dünen. Diese abwechslungsreiche Naturkulisse sorgte dafür, dass die Kilometer nur so dahin flogen. Es war faszinierend, die Insel einmal aus einer völlig neuen Perspektive zu erleben.
Ein besonderes Highlight des Laufs war die Passage entlang der Strandpromenade von Westerland. Hier hatten sich die meisten Zuschauer versammelt, um die Läuferinnen und Läufer lautstark anzufeuern. Die Stimmung war unglaublich motivierend, und ich spürte, wie meine Energie durch die Unterstützung der Menge noch einmal einen Schub bekam. Doch auch abseits der Promenade waren zahlreiche Zuschauer zu sehen. Einige saßen entspannt mit einem Glas Wein in der Hand und jubelten uns zu – ein wirklich einzigartiges Bild, das mir in Erinnerung bleiben wird.
Doch die wahre Herausforderung des Syltlaufs wartete zwischen Kilometer 17 und 23. In diesem Abschnitt gibt es eine lange, stetige Steigung, die unter den Syltläufern als das „Tal der Tränen“ bekannt ist. Der Name kommt nicht von ungefähr – diese Strecke zieht einem wirklich die Kräfte aus den Beinen, vor allem nach bereits absolvierten 17 Kilometern. Ich hatte das Glück, dass ich durch mein regelmäßiges Training in meiner hügeligen Heimat gut auf Steigungen vorbereitet war, doch ich konnte sehen, wie viele Läufer mit dieser Passage zu kämpfen hatten.
Als ich schließlich das „Tal der Tränen“ hinter mir ließ, wusste ich, dass das Ziel in greifbarer Nähe war. Die letzten Kilometer führten uns weiter durch die malerische Landschaft Sylts, und ich konnte es kaum erwarten, in List einzulaufen. Das Gefühl, nach 33,333 Kilometern auf die Ziellinie zuzulaufen, war unbeschreiblich. Mit einer Zeit von 3 Stunden und 28 Minuten hatte ich es geschafft – mein Ziel, unter vier Stunden zu bleiben, hatte ich sogar deutlich unterboten.
Mehr als zufrieden mit meinem Ergebnis und beeindruckt von der Strecke, wusste ich, dass dies nicht mein letzter Syltlauf gewesen sein würde. Diese einmalige Kombination aus sportlicher Herausforderung und landschaftlicher Schönheit hat mich in ihren Bann gezogen, und ich freue mich schon auf die nächste Teilnahme.